Kryptisches Wortgefecht

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Oben: Nicholas Schwarz Unten: Alfred Salzmann

Seit es den Bitcoin gibt sorgt er für Kontroverse. Die einen sehen in Kryptowährungen die Zukunft des Geldes, die anderen höchstens eine neue Tulpenblase. So war es auch in dieser heiß geführten Debatte. Auf der einen Seite Alfred Salzmann, ein Verfechter für Kryptowährungen, , der mit seinem Unternehmen CBNK in Kryptowährungen berät und auf der anderen Seite Nicholas Schwarz, Schweizer Vermögensberater, der mit seinem Unternehmen Fileado wohlhabende Privatkunden in Finanzfragen weit weg von Krypto unterstützt.

Der US-Finanzdienstleister Square hat bekanntgegeben, Bitcoins im Wert von 50 Mio. US-Dollar zu erwerben, und begründet das damit, dass der Bitcoin in Zukunft eine omnipräsente Währung sein wird. Teilen Sie diese Einschätzung?

Salzmann: Kryptowährungen werden die nächste Leitwährung sein. Es wird nicht ein Bitcoin oder ein Ethereum sein, sondern ein Stable Coin, der sich an eine Korbwährung anschließt und der vom IWF kontrolliert wird. Eine dezentrale Kryptowährung wie der Bitcoin wird mit Sicherheit keine Leitwährung werden. Der Ripple hätte von den derzeitigen Kryptowährungen am ehesten das Zeug dazu, weil dieser zentraler gesteuert ist als die anderen Kryptowährungen. Jedoch muss man sagen, dass Kryptowährungen noch immer in den Kinderschuhen stecken, und noch nicht einmal laufen gelernt haben.

Schwarz: Ich sehe das gleich wie sie, der Bitcoin als Zahlungssystem steckt in den Kinderschuhen. Zweifellos hat die dahinterstehende Technologie zu einem Innovationsschub bei Banken und beim SWIFT-System geführt. Als Zahlungsmittel sehe ich den Vorteil jedoch nicht unbedingt, schon aufgrund der nichtvorhandenen Stabilität. Wenn ich heute einen Kaffee mit Bitcoins kaufe, dann muss ich mir sicher sein, dass dieser morgen gleich viel wert ist und nicht vielleicht 20 Prozent mehr oder weniger. Ich könnte mir auch vorstellen, dass man in zehn oder zwanzig Jahren von staatlicher Seite die heutigen Währungen in diese Technologie einbettet. Aber der Staat muss die Kontrolle über die Währung behalten, um auf Volkswirtschaft, Zinspolitik und den Fremdwährungsverschiebungen Einfluss nehmen zu können. Der Staat muss auch in der Lage sein, kurzfristig Geld drucken zu können, um schlimmeres zu verhindern. Das sehen wir nicht zuletzt in der derzeitigen Krise.

Salzmann: Sie hätten also gerne, dass wenn sie heute mit dem Bitcoin bezahlen, dieser am nächsten Tag gleich viel wert ist. Sie vergessen aber, dass auch der Euro gegenüber dem Dollar täglich schwankt. Wenn sie heute in Euro gerechnet auf den US-Markt etwas kaufen, dann zahlen sie heute etwas mehr oder weniger als morgen. Dieses Argument läuft daher ins Leere. Wenn man z.B. den Yen mit dem Euro vergleicht, so gab es Zeiten, wo es Marktschwankungen von nahezu 50 Prozent gegeben hat. Selbstverständlich sind die Marktschwankungen momentan in den Kryptowährungen extrem. Aber nicht deswegen, weil der Bitcoin schlecht ist, sondern weil mit diesem Instrument spekuliert wird. Die Marktkapitalisierung aller Kryptowährungen ist derzeit so groß, wie die des zwölftgrößten Unternehmens der Welt. Also wir reden derzeit von einer absoluten Micky Maus-Börse. Daher kann der Kurs auch mit wenig Kapital einfach manipuliert werden. Mit dem US-Tether gibt es seit zwei Jahren eine Kryptowährung, die einen festen Wechselkurs zum US-Dollar hat. Wenn man also heute mit dem Tether kauft, dann ist er heute und auch morgen mit Sicherheit einen Dollar wert.

Schwarz: Sie haben die Marktmanipulation angesprochen. Der Währungsmarkt ist im Gegensatz zum Kryptomarkt sehr effizient. Ein Arbitrageur, der eine Marktmanipulation auf den Yen oder US-Dollar versucht, braucht unvorstellbar viel Geld. Das gleicht die Währungsschwankungen aus. Das macht es auch möglich, dass wir diesen Währungen als Zahlungsmittel vertrauen. Bitcoin ist neben dem Zahlungsmittel auch ein Spekulationsmittel. Der Markt ist nicht effizient, weil er schlichtweg zu klein ist. Der Bitcoin ist dabei wie eine Aktie, die sehr selten gehandelt wird. Diese Möglichkeit den Markt zu manipulieren, macht es für mich unmöglich die Kryptowährung als Zahlungsmittel zu gebrauchen, weil eben das Zahlungsmittel auch mitmanipuliert wird. Wenn wir sagen wir haben einen Bitcoin-Stable-Coin, der an einen US-Dollar gebunden ist, dann ist das wiederum ein Bruch mit der Bitcoin-Philosophie, die ja proklamiert, nicht von einer Stelle abhängig zu sein, die die Währung steuert. Damit fällt aber gleichzeitig der Grund weg, warum wir diese Kryptowährung erfunden haben.

Salzmann: Sie fühlen sich also sicherer in einer Währung, die von Zentralbanken gesteuert ist. Ihnen ist aber schon bewusst, sofern sie ihr Kapital nicht in einer systemrelevanten Bank aufbewahren, dass diese Bank unter Umständen von heute auf morgen in Konkurs gehen kann und sie ihre gesamten Ersparnisse mehr oder weniger in den Wind schreiben können und dass auf Knopfdruck 15 bis 20 Prozent des gesamten Veranlagungskapital enteignet werden kann, wie zwischen deutscher Regierung und dem IWF ausgehandelt wurde, oder dass wir in Österreich in den letzten hundert Jahren acht Enteignungen erlebt haben. Von was also sprechen wir? Also ich fühle mich in so einer Währung wie dem Euro jedenfalls nicht sicherer als in einer Kryptowährung. Mir ist bewusst die Kryptowährung kann verboten werden, mit sämtlichen Auswirkungen. Wenn ich mir aber heute die Zentralbanken anschaue, die Milliarden von Fiatgeld drucken, um systemrelevante Banken zu stützen, so habe ich Angst vor diesem System. Ich habe aber keine Angst vor Kryptowährungen. Denn zu einem Totalverlust kann es dabei nur dann kommen, wenn keiner mehr an Kryptowährungen glaubt.

Schwarz: Banken gehen Pleite, das stimmt. Bei Banken gibt es jedoch eine Einlagensicherung. Bei Bitcoin haben wir, soweit ich weiß, so eine Einlagensicherung nicht. Und es gibt genügend Fälle, die belegen, dass die Sicherheit auch bei Bitcoin nicht gewährleistet ist, wie z.B. beim Fall der Bitcoin-Börse Mount Gox, mit einem Schaden in Milliardenhöhe für Anleger. Welche von den zwei Währungen ist sicherer, Krypto oder Euro? Also ich setze auf den Euro. Es tut dem IWF und auch der Volkswirtschaft weniger weh, den Krypto abzuschalten als den Euro. Politisch würde das nie gehen?

Salzmann: Das haben meine Großeltern auch immer gesagt und in festverzinsliche Wertpapiere und Bankanleihen investiert, was sie später bereuten. Bei festverzinslichen Wertpapieren war es durch die Geldpresse mehrfach zu einer Geldentwertung gekommen. Ich habe mir hundert Jahre Geldentwicklung in Österreich angesehen und wenn man sich damit beschäftigt dann bekommt man Angst. Daher bin ich froh, dass es Kryptowährungen als Alternative gibt. Ich sage nicht, dass es ein Allheilmittel ist. In fünf Jahren, vielleicht schon in drei Jahren, bin ich überzeugt, dass es das E-Money gibt. Das passt auch zu den Philosophien unserer Regierungen, die Bargeld abschaffen wollen, um eine höhere Kontrolle zu gewährleisten. Wenn man weiß, welche Zentralbanken sich damit beschäftigen, so glaube ich, dass Kryptowährungen nicht in weiter, sondern sogar in naher Zukunft eine Leitwährung darstellen.

Schwarz: Als Anlageklasse ist es jedenfalls nicht ratsam sein ganzes Vermögen in Krypto zu investieren. Die Volatilitäten sind zu hoch, und senken den Spielraum für solche Investments. Es würde nur ein verschwindend kleiner Teil übrigbleiben, um in dieses Produkt investieren zu können. Bei meinen Kunden ist dies daher kein Thema. Aber auch unter den Vermögensberatern, wo manche mit Kryptowährungsinvestments in kurzer Zeit viel Geld verdient haben, gibt es einen Konsens darüber, dass dies eher mit Glück zu tun hat und sie stiegen daher relativ schnell aus dem Markt aus. Es kann ja auch in die andere Richtung gehen. Und das muss man dann seiner Ehefrau auch irgendwie erklären.

Salzmann: Volatilitäten sind Fluch und Segen. Bei Investitionen mit längerem Zeithorizont stören mich Volatilitäten weniger, insbesondere dann nicht, wenn ich durch die Volatilität einen Cost-Average-Effekt erzielen kann. Daher kann ein intelligenter Investor, ohne weiteres zehn bis 20 Prozent in Kryptowährungen investieren. Es gibt in jedem Markt Volatilität. Schauen wir uns z.B. die Tesla-Aktie an. Für die Kursexplosion fehlen mir Argumente, weiterhin in so eine Aktie zu investieren. Wenn eine Aktie ab einer bestimmten Größe in den S&P-500 aufgenommen werden muss, dann muss man wissen, dass sämtliche Investmentfonds, die in den S&P 500 investiert sind, auch die Tesla-Aktie kaufen müssen. Ob die nun überteuert ist oder nicht.

Schwarz: Aber bei Tesla kann ich eine Fundamentalanalyse machen. Ich kann mir die Bilanzen ansehen, ich kann mir überlegen wie groß ist der Markt in den USA. Was sind die Strategien. Welche Konkurrenten gibt es. Wie groß ist der Vorsprung den Tesla gegenüber den Mitbewerbern hat. Aus all diesen Informationen kann ich der Tesla-Aktie einen Wert geben. Aber eine Fundamentalanalyse beim Bitcoin?

Salzmann: Wie weit kommen Sie mit einer Fundamentalanalyse bei Tesla, wenn Tesla nach Marktkapitalisierung nun um einiges wertvoller ist als Daimler, BMW und Audi zusammen, obwohl Tesla in diesem Jahr zum ersten Mal in drei Quartalen positive Ergebnisse erzielt hat. Da stimmt etwas mit dieser gesamten Analyse nicht. Der innere Wert des Bitcoins wird einfach dadurch bestimmt, wieviel Energie ein Miner benötigt, um einen Bitcoin zu minen. Derzeit liegen die Kosten, zwischen 8 und 10.000 Dollar. Unter diese Produktionskosten wird der Bitcoin vielleicht kurzfristig, aber mittelfristig mit Sicherheit nicht fallen. Damit weiß ich, die untere Range ist 8.000 US-Dollar. Jetzt gibt es den inneren Wert der zwischen 8 und 10.000 US-Dollar und dann haben wir auch noch Angebote und Nachfrage. Das Schöne dabei ist: Es lässt sich grundsätzlich seit Bestehen von Bitcoin jede einzelne Transaktion nachvollziehen. Es gibt daher mittlerweile sehr viele Privatinvestoren, die an Bitcoin glauben. Einer der größten davon meint sogar, dass der Bitcoin bis zum Jahr 2023 auf über 250.000 Dollar ansteigen wird. Also ich würde mich freuen. 

Schwarz: Ich kann mich dann aber nicht mehr auf 2023 freuen, wenn die Stromrechnung so teuer wird.

Salzmann: Mit was fährt eigentlich Tesla?

Was ist der Nutzen von Kryptowährungen für die Volkswirtschaft?

Salzmann: Der Nutzen für die Volkswirtschaft ist in erster Linie, die Unabhängigkeit von Regierungen. Ich kann mein Geld schnell über alle Grenzen hinweg transferieren, bezahlen und mitnehmen und meine Bitcoins in die jeweilige Landeswährung umtauschen. Ich kann z.B. meine Bitcoins nach Afrika transferieren. Ein riesiger Vorteil, denn dort gibt es fast keine Banken, aber fast jeder Afrikaner besitzt ein Smartphone, mit dem er die Bitcoins ausgeben und umtauschen kann. Ich habe also sehr viele Vorteile. Ich kann die Bitcoins aufbewahren, ohne Angst zu haben, dass mir die Regierung dieses Geld wegnimmt. Wenn man dann den Bitcoin mit ähnlichen Assetklassen vergleicht, dann würde ich gerne wissen, wo liegt im Vergleich dazu der Innere Wert und volkswirtschaftliche Nutzen von Gold außer, dass man es gerne hat?

Schwarz: Der Vergleich mit Gold hinkt ein bisschen. Gold wird in der Industrie gebraucht, wie z.B. Halbleiterindustrie etc. Gold ist bei vielen Vermögensverwaltern noch im Kopf, als Anlageklasse und auch viele Kunden verstehen Gold als Anlageklasse zur Absicherung gegen Inflation und im Notfall. Wenn man ein Doomsday-Bild zeichnet und ein Meteorit schlägt ein und der Strom ist weg, wird es wohl schwer z.B. mit Krypto-Currencys zu handeln. Und zum Nutzen von Kryptocurrency: Wenn ich ins Ausland gehe, dann zahle ich mit der Kreditkarte, wenn ich Cash brauche dann kann ich mit der Maestro Karte vom Bankomaten das Geld abheben, ähnlich wie es mit Bitcoin möglich ist. Da sehe ich jetzt nicht einen riesigen Vorteil. Schlussendlich versucht man auch die Kryptowährung so bequem zu gestalten, wie beim Einsatz der Maestro-Karte, z.B. bei einem Supermarkt-Einkauf. Die Krypto-Karte wäre da nicht schneller. Der einzige Vorteil, den ich sehe, ist dass ich außerhalb des Zentralbankensystems agiere, und dieses Vertrauensverhältnis in eine zentralisierte Steuerung nicht brauche.

Salzmann: Eine Währung hängt immer stark vom Glauben und Vertrauen ab, egal ob Krypto oder Landeswährung. Das sieht man z.B. anhand von Venezuela, wo der Wert der Währung Richtung Null geht, oder die Argentinien-Anleihe, die vom Triple A zum Junk-Bond verfallen ist. Wenn niemand mehr an Kryptowährung glaubt, dann wäre auch der Krypto am Ende.

Schwarz: Ich vertraue der normalen Währung. Mein Vertrauen in die Kryptowährungen ist nicht sehr hoch, aber das kann sicher noch besser werden.

Was sagen Sie einem Kunden, der zu ihnen kommt, und in Kryptowährungen investieren will?

Salzmann: Ich als Vermögensberater darf diesbezüglich nicht beraten. Für den Kunden gibt es daher keine Möglichkeit sich neutral über Kryptowährungen zu informieren, was sehr gefährlich ist. Weil die Privatinvestoren vielfach Opfer von Fehlinformationen werden und sich für falsche Kryptowährungen entscheiden. Der Kunde macht aber keinen großen Fehler, wenn er einen Betrag in die zehn größten Kryptowährungen, mit einigen Abstrichen, wie US-Tether oder Ripple, investiert.

Schwarz: Wenn ein Kunde zu mir kommt und in Kryptowährungen anlegen will, dann muss ich ihm sagen, gehen sie zu Hrn. Salzmann, das ist nicht mein Ding.

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